Am 26.09.2024 sollte sich der 8. Thüringer Landtag im Plenarsaal des Landtages in Erfurt nach der Landtagswahl am 01. September 2024 neu konstituieren.
Anstatt sich jedoch an die dafür ausdrücklich allseits verbindlichen Regeln der Thüringer Landesverfassung sowie der mit Gesetzeskraft wirkenden Geschäftsordnung des Thüringer Landtages zu halten und zu verfahren und auf diese Weise zum erst dann funktions- und handlungsfähigen Organ „Landtag“ zu kommen, wurde das formelle Prozedere, das sich ausschließlich nach dem Wortlaut und Wortsinn des § 1 der Landtagsgeschäftsordnung des Thüringer Landtages in dem es heißt:
§ 1
Erste Sitzung des Landtags
(1) Der Landtag tritt spätestens am 30. Tage nach der Wahl
zusammen. Zu der ersten Sitzung wird der Landtag von
der bisherigen Präsidentin beziehungsweise dem bisheri-
gen Präsidenten einberufen.
(2) Die erste Sitzung des Landtags leitet das an Jahren
älteste oder, wenn es ablehnt, das jeweils nächstälteste
Mitglied des Landtags, bis die neu gewählte Präsidentin
beziehungsweise der neu gewählte Präsident oder deren
Stellvertretung das Amt übernimmt.
(3) Die Alterspräsidentin beziehungsweise der Alterspräsi-
dent ernennt zwei Abgeordnete zu vorläufigen Schriftfüh-
rerinnen beziehungsweise Schriftführern und lässt die Na-
men der Abgeordneten aufrufen.
(4) Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit wählt der
Landtag die Präsidentin beziehungsweise den Präsiden-
ten, die Vizepräsidentinnen beziehungsweise Vizepräsi-
denten und 18 Schriftführerinnen und Schriftführer und bil-
det einen Petitionsausschuss nach § 70 a.
abzuspielen hat, fortlaufend verfassungs- und geschäftsordnungswidrig von den im Landtag seit der Wahl am 01.09.2024 vertretenen Parteien CDU, BSW, Die Linke und SPD mit verfassungs- und geschäftdsordnungswidrigen Geschäftsordnungsanträgen zur Änderung der Geschäfts- und Tagesordnung behindert mit der Folge, dass der von der AFD stammende von § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung gewollte Alterspräsident als Leiter der konstituierenden Sitzung den formellen Akt der Konstituierung des Landtages nicht vollziehen lassen konnte.
Die Sitzung wurde formell unterbrochen, um sie am 28.09.2024 um 09.30 h fortzusetzen. Bis dahin soll das Verfassungsgericht des Landes Thüringen über eine von der CDU im Plenarsaal angekündigte einstweilige Verfügung entschieden haben, wie am 28.09.2024 die vom Gesetz „Geschäftsordnung des Thüringer Landtages“ im § 1 in vier Absätzen vorgeschriebene Konstituierung vorzunehmen sein soll.
In der Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichtes finden bezüglich „Geschäftsordnungsautonomie des deutschen Bundestages“ z.B. folgende Rechtssätze, die sicherlich vom Thüringischen Verfassungsgericht nicht so ohne weiteres ignoriert werden können:
Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts im Organstreit ist allein das Grundgesetz, nicht hingegen sind dies die lediglich in der Geschäftsordnung des Bundestages nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG getroffenen Regelungen. Vor dem Bundesverfassungsgericht sind nur jene Rechte einklagbar, die sich auf ein entsprechendes Verfassungsgebot zurückführen lassen. Allein in der Geschäftsordnung gewährleistete Rechte können für sich genommen im Organstreit nicht geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 142, 25 <53 Rn. 79>).
Davon ausgehend sind Entscheidungsgrundlage für das Bundesverfassungsgericht der Inhalt und die Reichweite des durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten freien Mandats des Abgeordneten, das grundsätzlich auch das Recht zur Mitwirkung an den Wahlhandlungen des Parlaments umfasst (1.). Allerdings kann der Deutsche Bundestag dieses Recht im Rahmen der ihm übertragenen Geschäftsordnungsautonomie ausgestalten (2.). Die dabei durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegebenen Grenzen unterliegen verfassungsgerichtlicher Kontrolle, die dem Selbstorganisationsrecht des Deutschen Bundestages Rechnung zu tragen hat (3.).(Urteil vom 22. März 2022 – 2 BvE 2/20)
Zum einen sind die in der Geschäftsordnung getroffenen Regelungen – ungeachtet der hier nicht zur Entscheidung anstehenden Frage, ob diese den verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen – jederzeit änderbar und stellen daher – auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 126a Abs. 2 GO-BT – keine gesicherte Rechtsposition der parlamentarischen Opposition dar (vgl. Cancik, NVwZ 2014, S. 18 [21 f.]).
Zum anderen ist Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts im Organstreit allein das Grundgesetz, wohingegen nicht jede der in Ausübung der Geschäftsordnungsautonomie des Bundestages nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG getroffene Regelung der GO-BT von Verfassungs wegen geboten sein muss. Vor dem Bundesverfassungsgericht sind vielmehr nur jene Rechte einklagbar, die sich auf ein entsprechendes Verfassungsgebot zurückführen lassen (vgl. § 64 Abs. 1 und 2 BVerfGG). Allein in der GO-BT gewährleistete Rechte sind verfassungsrechtlich nicht einklagbar (vgl. Winkelmann/Hadamek, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, 30. EL Stand: Dezember 2014, § 126a Erl. 1). (Urteil vom 03. Mai 2016 – 2 BvE 4/14)
Danach muss der Eilantrag der Thüringer CDU-Landtagsfraktion ins Leere laufen, denn an § 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtages gibt es derzeit kein verfassungskonformes Vorbei, nämlich erst sich förmlich konstituieren, dann den Landtagspräsidenten wählen und erst dann in den parlamentarischen Geschäftsbetrieb der neuen, hier der. 8 Legislaturperiode, eintreten.
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