Zu vermuten ist die Freiheit, nachzuweisen die Unfreiheit, denn im Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG heißt es: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei

BVerwG 1, 303 v. 21.12.1954:

»Zu vermuten ist die Freiheit, nachzuweisen die Unfreiheit (Kitzinger a.a.O. S. 450). Nun ergibt aber die Geschichte des Kampfes um die Freiheitsrechte im vorigen Jahrhundert, daß dieser Kampf für die Freiheit der Kunst und Wissenschaft geführt worden ist gegen die Übergriffe durch eine Staatsgewalt, die ihre Aufgabe im Sinne jenes Polizeirechts auffaßte, das seinen klassischen Ausdruck in § 10 II 17 des Allgemeinen Landrechts gefunden hatte (vgl. Kitzinger a.a.O. S. 479). Wenn der Verfassungsgesetzgeber von 1919, der diese freiheitlichen Ideen wieder aufnahm und weitgehend in der Weimarer Verfassung verwirklichte, im Gegensatz zu ihnen Kunst und Wissenschaft der polizeistaatlichen Kontrolle hätte unterwerfen wollen, so hätte er dies klar zum Ausdruck gebracht. Einen darauf gerichteten Willen dem Verfassungsgesetzgeber von 1919 ohne weiteres zu unterstellen, würde dem Sinn der Weimarer Verfassung widersprechen. Erst recht kann ein solcher Wille dem Grundgesetzgeber nicht unterstellt werden; denn das Grundgesetz bezweckt in seinem grundrechtlichen Teil gerade auch den Schutz des einzelnen vor einer übermäßigen Ausdehnung der Staatsgewalt. Eine Beschränkung der durch das Grundgesetz gewährleisteten Freiheitsrechte kann deshalb nur insoweit für zulässig gehalten werden, als es der Grundgesetzgeber ausdrücklich bestimmt hat. Weitergehend als die Weimarer Verfassung bindet das Grundgesetz in Art. 1 Abs. 3 GG Gesetzgebung und Verwaltung an die institutionelle Garantie der Grundrechte. Nach Art. 19 Abs. 1 GG kann ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes nur eingeschränkt werden, soweit dieses im Grundgesetz selbst vorgesehen ist. Es würde dem Sinn der Artt. 1 Abs. 3 GG und 19 Abs. 1 GG widersprechen, eine solche Einschränkung im Wege der Auslegung nachzuholen.«

Dem Grunde nach klare und grundgesetzkonforme Worte, doch die bundesdeutsche Rechtswirklichkeit sieht anders aus, nämlich sie ist grundgesetzwidrig.

Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes bis heute  – Fehlanzeige -.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.