„sind frei“ heißt es seit 70 Jahren im Art. 5.3.1 des Bonner Grundgesetzes als die ranghöchste Rechtsnorm der Bundesrepublik Deutschland

Am 23.05.1949 trat die auch 70 Jahre später noch ranghöchste Rechtsnorm der Bundesrepublik Deutschland in Gestalt des Bonner Grundgesetzes in Kraft.

Bis zum Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes vor nun mehr 70 Jahren am 23.05.1949 hat es schon diverse ranghöchste Rechtsnormen in den verschiedensten deutschen Rechtskreisen mit nicht immer gleichlautenden Bezeichnungen geben. Da gab es z.B. 1833 ein Staatsgrundgesetz oder die Weimarer Verfassung zwischen dem 11.08.1919 und dem 05.03.1933 und während des NS-Terrorregimes des Massenmörders und Usurpators Adolf Hitler zwischen dem 05.03.1933 und dem 08.05.1945 auf dem Papier die von den Nazis außer Geltung gesetzte Weimarer Verfassung, man ging währenddessen von einer „ungeschriebenen Verfassung“ aus., denn alles was der Massenmörder und Usurpator Hitler quasi von sich gab, war Gesetz. Die Nazis brauchten zu dieser ihrer Zeit des Terrors keine geschriebene, geschweige denn eine wirksame Verfassung versus ihres ja auch rechts- und verfassungswidrig an die Macht gekommenen und gebliebenen Diktators bis zum dessen Suizid am 30.04.1945.

Im Art. 1 Abs. 3 GG haben die Konstrukteure des Bonner Grundgesetzes die im Bonner Grundgesetz normierten unverletzlichen Einzelgrundrechte zu die gesamte bundesdeutsche öffentliche Gewalt unmittelbar geltendes Recht erklärt und zwar ausnahmslos. Wörtlich heißt s im Art. 1 Abs. 3 GG:

„Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“

Im Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG heißt es ebenfalls seit dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes am 23.05.1949 wortwörtlich:

„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“

Was sich hinter den Begriffen Kunst, Wissenschaft, Forschung Lehre im Einzelnen verbirgt bzw. welche Bedeutung diese in der ranghöchsten Rechtsnorm der Bundesrepublik Deutschland haben, bedarf hier keiner weiteren Erläuterung.

Anders scheint es sich bezüglich des Begriffes „frei“ sowie der Wortkombinantion „sind frei“ auch nach 70 Jahren ihres geschrieben Stehens im Bonner Grundgesetz.

Die Protokolle des parl. Rates sind da absolut nüchtern in ihrer dokumentierten Auskunftsfreudigkeit bezüglich dessen, was die Konstrukteure sich zum Begriff „frei“ sowie der Wortkombination „sind frei“ wohl noch alles gedacht haben mögen bevor es zum heute noch im Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG stehenden Satz: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ gekommen ist.

Aufschluss gibt da der Duden und zwar die Bedeutungsübersicht  und Synonyme zu „frei“.

Sodann ist im Lichte des Art. 19 Abs. 1 GG in Kombination mit dem sodann absolut gefassten Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG der Begriff „absolut“ auf seine Bedeutung zu untersuchen ebenso wie die Begriffe „durch Gesetz“ sowie „aufgrund“ und „eingeschränkt“. Auch hier ist der Duden im Hinblick auf die Bedeutungsübersicht sowie die Synonyme bezüglich des Wortes „absolut“ sehr ergiebig aber auch unzweifelhaft eindeutig.

Bleibt resümierend festzuhalten, dass niemand von Seiten der bundesdeutschen öffentlichen Gewalt von Grundgesetzes wegen die Legitimation dazu hat, das absolut im Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gefassten Freiheitsgrundrecht zu welchem Zweck auch immer einzuschränken. Die im Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG normierte Lehreinschränkung hat hier bezüglich der Kunst, Wissenschaft und Forschung unberücksichtigt zu bleiben.

Im Übrigen sind alle bisher von Seiten des BVerfG zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG mit Blick auf die von Grundgesetzes wegen absolut gefasste Freiheitsgarantie des Kunstfreiheits-grundrechtes grundrechtskonform gemäß Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG ergangen. Selbst das sog. Schallplattenhersteller-Urteil in BVerfGE 36, 321 des BVerfG ist in Sachen Steuerfreiheit des anerkannt freischaffenden Künstlers eindeutig, denn es heißt ausdrücklich, „dass aus Art. 5 Abs. 3 GG nicht etwa ein Vorrecht auf völlige Steuerfreiheit für jede künstlerische Betätigung und deren Vermittlung hergeleitet werden kann“. Würde es von Grundgesetzes wegen absolut keine individuelle Steuerfreiheit geben, hätte es in der Schallplattenhersteller-Entscheidung heißen müssen, dass keine künstlerische Tätigkeit steuerfrei ist, so denn aus einer solchen Tätigkeit Einkünfte erzielt werden.

Die öffentliche Gewalt weiß in jeder Hinsicht, was das Bonner Grundgesetz der öffentlichen Gewalt bezüglich der unmittelbares Recht gegenüber der öffentlichen Gewalt bildenden unverletzlichen Grundrechte seit 70 Jahren immer wieder aufs Neue unverbrüchlich befielt und was nicht, denn in den Kabinettsprotokollen der ersten Adenauer-Regierung heißt es am 11.08.1950:

»Es sei einmütig erklärt worden, daß bei unveränderter Aufrechterhaltung der im Grundgesetz verankerten Grundrechte durchgreifende Maßnahmen nicht getroffen werden können. Es müsse deshalb eine Änderung des Grundgesetzes in Erwägung gezogen werden.« Gustav Heinemann, 89. Kabinettssitzung am 11. August 1950

De facto ist das gesamte grundgesetzwidrige hoheitliche Handeln und Unterlassen der bundesdeutschen öffentlichen Gewalt in den bisherigen 70 Jahren als ausnahmslos vorsätzlich anzusehen.

Wie hat der deutsche Rechtsphilosoph Radbruch es in seinem 1947, also zwei Jahre vor dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes in seinem Werk „Die Erneuerung des Rechts“ zu Ausdruck gebracht:

„Vor allem muss die Achtung vor dem Gesetz wiederhergestellt werden. Die Staatsgewalt des Dritten Reiches hat das Gesetz immer wieder schamlos gebrochen. Heiligste Menschenrechte, Leben, Freiheit, Ehre, wurden ohne auch nur den Vorwand der Gesetzlichkeit tausendfach mit Füßen getreten. Alles, was nach der Ansicht oder nach Vorgaben der Machthaber dem Volke nützte, galt als erlaubt“

Im 70. Jahr nach dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes bleibt immer noch festzustellen, dass es die bundesdeutsche öffentliche Gewalt dann, wenn sie von den unverbrüchlichen Rechtsbefehlen des Bonner Grundgesetzes betroffen ist, die öffentliche Gewalt in Gestalt des einfachen Gesetzgebers ebenso wie in Gestalt der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt sich zu jeder Zeit skrupellos über diese grundgesetzgeborenen Rechtsbefehle hinwegsetzt und auf diese Weise die gegen sie unmittelbares Recht bildenden unverletzlichen Grundrechte immer wieder zum Nachteil der Grundrechteträger leerlaufen lässt, vorsätzlich wohlgemerkt.

Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes denn auch seit 69 Jahren – Fehlanzeige -.

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