Kunst ist frei, auch einkommen- und umsatzsteuerfrei, weil Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG absolut gefasst ist seit dem 23.05.1949

Man weiß von Seiten der bundesdeutschen öffentlichen Gewalt seit 70 Jahren, also mit dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes am 23.05.1949, bezüglich der Wirkweise von im Bonner Grundgesetz absolut gefassten Freiheitsgrundrechten sehr wohl Bescheid, Zitat:

„Eine unmittelbar von Art. 5 Abs. 3 GG ausgehende Prüfung muß der vorbehaltlosen, uneingeschränkten Gewährung des Grundrechts durch die Verfassung ihr volles Gewicht lassen. Sie bedeutet im Vergleich zu den anderen Vorschriften des Art. 5 GG, daß der Verfassunggeber hier bewußt von einer Konfliktsregelung nach Art des Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 GG abgesehen hat, sei es, daß er im Hinblick auf das Wesen der in einer anderen Ebene wirkenden Kunst die Möglichkeit eines Konflikts mit den in Art. 5 Abs. 2 GG geschützten Interessen grundsätzlich ausgeschlossen hat oder daß er in dubio der Freiheit der Kunst den Vorrang einräumen wollte. […]

Eine Gerichtsentscheidung muß also nicht nur dann aufgehoben werden, wenn sie ein Grundrecht übersehen hat oder von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts ausgegangen ist, sondern auch dann, wenn das Gericht bei Zugrundelegung der grundsätzlich richtigen Anschauung im konkreten Fall niemals zu dem gefundenen Ergebnis hätte gelangen können.“ (BVerfGE 30, 173 – Mephisto)

Vor diesem grundgesetzkonformen Hintergrund findet sich ja auch in den Kabinettsprotokollen der ersten Adenauer-Regierung am 11.08.1950 die folgende entlarvende Protokollnotiz:

»Es sei einmütig erklärt worden, daß bei unveränderter Aufrechterhaltung der im Grundgesetz verankerten Grundrechte durchgreifende Maßnahmen nicht getroffen werden können. Es müsse deshalb eine Änderung des Grundgesetzes in Erwägung gezogen werden.« Gustav Heinemann, 89. Kabinettssitzung am 11. August 1950

Expertise
( ursprünglich im Wortlaut vom 09.03.2009 )

zur Frage:

Hat der anerkannte freischaffende Künstler Anspruch auf Steuerfreiheit wegen seiner aus künstlerischer Tätigkeit erzielten Ein-nahmen ( hier: ESt / USt ) ?

Vorbemerkung:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung, Az.: BverfG 2 BvR 2030/04 vom 3.7.2006, folgenden Rechtssatz statuiert:

Zum einen gibt es keinen Rechtssatz, nach dem jegliche Vermögens-mehrung einer Steuer unterläge.“

**********

Der Anspruch des freischaffenden Künstlers auf Steuerfreiheit aus seiner selbständigen künstlerischen Tätigkeit ergibt sich nicht erst aus den einfachen Steuergesetzen, hier insbesondere aus der Vorschrift des § 3 EStG ( Steuerfreiheit ), sondern direkt aus dem höherrangigen Verfassungsrecht und zwar aus Art. 5.3.1 GG, in dem es heißt:

„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“

In den Protokollen des Parlamentarischen Rates zum Grundgesetz heißt es in der Sitzung vom 24.11.1948 wörtlich:

 „Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Forschung

Wir kommen zu Art. 10, der erste Absatz lautet:
Die Kunst, Wissenschaft und Forschung und ihre Lehre sind frei.(…)

Bei uns ist das Grundrecht enthalten, dass der Künstler, der Wissenschaftler und der Lehrer in ihren Funktionen frei sein soll. Es ist die Frage, ob dabei irgendwie an die Möglichkeit einer Beschränkung desjenigen gedacht ist, der das genießen will.(…)“

Die im parlamentarischen Rat 1947 bis 1949 tätig gewesenen „Verfassungsväter“ haben das spezielle Freiheitsgrundrecht gemäß Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz aus den gerade erst zurückliegenden Erfahrungen der Nazizeit heraus in absoluter Form geregelt mit der Absicht, nie wieder Missbräuche aufkommen zu lassen. Während der Nazizeit hat der Staat mit Hilfe des Steuerrechts, das damals Verfassungsrang hatte, der Preisgestaltung im Warenverkehr und der Lohn- und Gehaltsgestaltung bei den abhängig beschäftigten Menschen, Personen, ja sogar eine große Volksgruppe, nämlich die Mitbürger jüdischen Glaubens, in ihrer wirtschaftlichen Existenz vernichtet. Nach der ebenfalls massiven Verfolgung auch von Künstlern im Nationalsozialismus war die Übernahme der Kunstfreiheit als selbständiges Grundrecht in das Grundgesetz völlig unstreitig.

Die Gefahr des Missbrauchs durch Preisgestaltung ist in diesem Zusammenhang durch die eingeführte Marktwirtschaft anstelle der staatlich reglementierten Planwirtschaft und die im Grundgesetz gemäß Art. 9 GG verankerte Tarifautonomie gebannt.

Dem Fiskus in Gestalt der Finanzbeamten und der Finanzrichter bleibt somit nur noch die Missbrauchsmöglichkeit mit Hilfe der Steuergesetze.

Da die Erhebung von Steuern in der Bundesrepublik Deutschland anders als in der WRV und der RV von 1933 jeweils in Art. 134 keinen Verfassungsrang mehr hat, haben die Steuergesetze nur noch den Charakter von einfachem Recht, müssen also in jedem Fall bei einer Kollision hinter die verfassungsgesetzliche Regelung zurücktreten. So ist es in den §§ 1 und 2 AO auch klar geregelt. Den Finanzbeamten und Richtern ist danach nur die Besteuerung bzw. die gerichtliche Klärung von Steuerfragen übertragen, nicht jedoch z.B. die Klärung ausschließlich verfassungsrechtlicher Fragen. An diese Regelung hat sich der BFH in München auch während der gesamten bisherigen Existenz der Bundesrepublik Deutschland gehalten. Es gibt nämlich bis heute keine höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH zum absoluten Freiheitsgrundrecht gemäß Art. 5.3.1 GG. ( Kunst …sind ( ist ) frei )

Eine Kollisionsvorschrift in den Steuergesetzen zum absoluten Grundfreiheitsrecht gemäß Art. 5.3.1 GG ( Freiheit der Kunst ) ist in am 16.10.1934 in Kraft getretenen EStG im § 18.1.1 EStG vorhanden. Darin heißt es nämlich bis heute:

(1)Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind
1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende (…) Tätigkeit…

Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung in einem einfachen Gesetz, die das absolute Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz nicht einschränken kann.

Außerdem handelt es sich bei dieser Vorschrift um vorkonstitutionelles Recht aus der Zeit des Dritten Reiches, das im Einkommensteuergesetz der Bundesrepublik Deutschland wortgetreu übernommen worden ist.

Da im Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz im Gegensatz zur Regelung im Artikel 134 der Weimarer Verfassung und im Artikel 134 der Reichsverfassung, wonach die Verpflichtung aller Staatsbürger, also auch der Künstler, zur Abgabe von Steuern nach Maßgabe der Gesetze Verfassungsrang hatte, geregelt ist, dass Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre frei sind, durfte die reichsgesetzliche Regelung im § 18 Absatz 1 Satz 1 Reichseinkommensteuergesetz gemäß Artikel 123 Absatz 1 des Grundgesetzes wegen der Kollision mit dem absoluten Grundrecht aus Artikel 5.3.1 Grundgesetz nicht fortgelten.

Die reichsgesetzliche Regelung gilt wegen dieser Kollision schon deshalb nicht fort, weil im Artikel 123 Absatz 1 des Grundgesetzes klar und deutlich geregelt ist:

Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages gilt fort, soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.“

Obgleich die reichsgesetzliche Regelung des § 18.1.1 Einkommensteuergesetz in seiner Formulierung „wissenschaftliche, künstlerische“ dem Grundgesetz widerspricht, wird sie ständig verfassungswidrig sowohl von der Finanzverwaltung, den Finanzgerichten als auch dem Bundesfinanzhof angewandt.

Mit der Missachtung der Regelung aus Artikel 123 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoßen die befassten Beamten und Richter in gleicher Weise gegen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland wie mit der Missachtung der Vorschrift in Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz ( Freiheit der Kunst ).

Aufgerufen zur Bereinigung des Einkommensteuergesetzes durch Entfernen der dem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes entgegenstehenden Vorschrift des § 18 Absatz 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz in seiner Formulierung „wissenschaftliche / künstlerische“ war bereits der Gesetzgeber mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23.05.1949. Durch das Unterlassen der Bereinigung hat der Gesetzgeber direkt dazu beigetragen, dass die reichsgesetzliche Regelung des § 18.1.1 Einkommensteuergesetz in seiner seit dem Inkrafttreten des Bonner GG mit Art. 5.3.1 GG kollidierenden Formulierung „wissenschaftliche, künstlerische“ ständig verfassungswidrig sowohl von der Finanzverwaltung, den Finanzgerichten als auch dem Bundesfinanzhof angewandt wird.

Die vollziehende Gewalt ( Finanzbehörden ) ist gemäß Art. 1.3 GG an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. In Art. 1.3 GG heißt es:

„Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“

Damit erlangen die Grundrechte unmittelbare Gesetzeskraft und gehen jeder einfach gesetzlichen Regelung vor.

Die Missachtung des Vorranges des absoluten Freiheitsgrundrechtes gemäß Art. 5.3.1 GG vor den einfachen Gesetzen, also auch den Steuergesetzen, führt ständig zu nichtigen Fehlentscheidungen bei den Finanzämtern.

Auch die dritte Gewalt ( Finanzgerichte ebenso wie die ordentlichen Gerichte ) ist gemäß Art. 1.3 GG an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. In Art. 1.3 GG heißt es:

„Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“

Damit erlangen die Grundrechte unmittelbare Gesetzeskraft und gehen jeder einfach gesetzlichen Regelung vor.

Die Missachtung des Vorranges des Grundrechtes gemäß Art. 5.3.1 GG vor den einfachen Gesetzen, also auch den Steuergesetzen, führt ebenso ständig zu nichtigen Fehlentscheidungen bei den Finanzgerichten, obwohl auch diese wie die vollziehende Gewalt gemäß Art. 20.3 GG an Gesetz und Recht gebunden sind. Im Art. 20.3 GG heißt es:

„Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“

Durchsetzbar bei den Gerichten sind die Grundrechte mit Hilfe des Justizgewährleistungsanspruchs gemäß Art. 19.4.1 GG. Im Art. 19.4.1 GG heißt es:

„Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“

Der im parlamentarischen Rat 1948 mitwirkende Verfassungsrechtler v. Mangoldt konnte sich mit seinem Vorschlag, den Grundrechtsträgern keinen in der Verfassung verankerten eigenständigen prozessualen Anspruch auf Einforderung ihrer Grundrechte zu gewähren, nicht durchsetzen. Vielmehr ist der gegenteilige Vorschlag der FDP zur Einführung des Justizgewährleistungsanspruchs der Grundrechtsträger gegen den Staat und seine Institutionen als Grundrechtsverpflichteter in das Grundgesetz als Art. 19.4 GG aufgenommen worden. Da die Einführung dieses prozessualen Freiheitsgrundrechts in die Verfassung von den Amtsträgern als bedrohlich empfunden wird, wird sie nahezu nirgendwo propagiert, was einhergeht mit einer konsequenten Nichtanwendung dieses prozessualen Grundrechtes. Die Folge davon ist, dass die Wirkung dieses Grundrechtes verpufft.

Im Kommentar „Kissel / Mayer“ zum GVG ist zum sog. „Justizgewährleistungs-anspruch“, auch „Justizgewährleistungspflicht“ tituliert, treffend formuliert:

„Die Notwendigkeit der Effektivität des Rechtsschutzes ist nicht nur zeitlich-formell. Der grundrechtliche Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz bedeutet auch, dass die Gerichte im jeweiligen Verfahren der normativen Geltung der Grundrechte tatsächliche Wirkung verschaffen müssen. Sie haben nicht nur negative Verpflichtung, mit der Verfassung nicht in Einklang stehende Eingriffe in grundgesetzliche Bereiche zu unterlassen, sondern auch die positive Verpflichtung, die Grundrechte durchzusetzen. Deshalb hat die Anwendung des Verfahrensrechts wie das Gerichtsverfassungsrechts nicht nur der Sicherung eines geordneten Verfahrens zu dienen, sondern sie ist im grundrechtsrelevanten Bereich auch das Mittel, dem Grundrechtsträger zu seinem verfassungsmäßigen Recht zu verhelfen. Demgemäß muss das Verfahrensrecht, damit auch das Gerichtsverfassungsrecht, im Blick auf die Grundrechte ausgelegt und angewendet werden. Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten ist diejenige zu wählen, die dem Gericht ermöglicht, die Grundrechte der Verfahrensbeteiligten durchzusetzen und zu verwirklichen. (vgl. dazu BVerfGE 49, 252 <257>).

Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende staatliche Rechtsprechungs-monopol bedeutet die staatliche Justizgewährungspflicht überhaupt. Das angerufene Gericht ist verpflichtet, eine prozessual ordnungsgemäß zustande kommende und im Einklang mit dem materiellen Recht stehende Entscheidung zu treffen.“

Selbst bei Anwendung der einfach gesetzlichen Vorschrift des § 31 Abs. 1 BverfGG kommt man zum selben Ergebnis, denn die Vorschrift lautet:

Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.“

Das Bundesverfassungsgericht hat in den folgenden Entscheidungen den absoluten Charakter des Grundrechtes gemäß Art. 5.3.1 GG herausgestellt mit der Folge, dass einfach gesetzliche Vorschriften wie auch das Steuerrecht keine Einschränkungen der Kunstfreiheit im funktionalen „Werk- und Wirkbereich“ eines anerkannten freischaffenden Künstlers zulassen:

aus der „Mephisto-Entscheidung“; Az.: 1 BvR 435/68 vom 24.02.1971

  1. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist eine das Verhältnis des Bereiches Kunst zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm. Sie gewährt zugleich ein individuelles Freiheitsrecht.
  2. Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft nicht nur die künstlerische Betätigung, sondern auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks.
  3. Für die Kunstfreiheit gelten weder die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG noch die des Art. 2 Abs. 1 Halbsatz 2 GG.

Insoweit bedeutet die Kunstfreiheitsgarantie das Verbot, auf Methoden, Inhalte und Tendenzen der künstlerischen Tätigkeit einzuwirken, insbesondere den künstlerischen Gestaltungsraum einzuengen, oder allgemein verbindliche Regeln für diesen Schaffensprozess vorzuschreiben.

Andererseits ist das Freiheitsrecht nicht schrankenlos gewährt. Die Freiheitsverbürgung in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geht wie alle Grundrechte vom Menschenbild des Grundgesetzes aus, d. h. vom Menschen als eigenverantwortlicher Persönlichkeit, die sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft frei entfaltet (BVerfGE 4, 7 [15 f.]; 7, 198 [205]; 24, 119 [144]; 27, 1 [7]). Jedoch kommt der Vorbehaltlosigkeit des Grundrechts die Bedeutung zu, dass die Grenzen der Kunstfreiheitsgarantie nur von der Verfassung selbst zu bestimmen sind. Da die Kunstfreiheit keinen Vorbehalt für den einfachen Gesetzgeber enthält, darf sie weder durch die allgemeine Rechtsordnung noch durch eine unbestimmte Klausel relativiert werden, welche ohne verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt und ohne ausreichende rechtsstaatliche Sicherung auf eine Gefährdung der für den Bestand der staatlichen Gemeinschaft notwendigen Güter abhebt. Vielmehr ist ein im Rahmen der Kunstfreiheitsgarantie zu berücksichtigender Konflikt nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses grundlegenden Wertsystems durch Verfassungsauslegung zu lösen.“

aus dem „Hochschul-Urteil“, Az.: 1 BvR 424/71 und 325/72 vom 07.12.1972

Art. 5 Abs. 3 GG ist zugleich eine das Verhältnis der Wissenschaft zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm. Danach hat der Staat im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebs durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissen-schaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist.

Dem einzelnen Grundrechtsträger erwächst aus der Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen au Lehre ist eine undifferenzierte Beteiligung der Gruppe der nichtwissenschaftlichech organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerlässlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen.Bei allen Entscheidungen über Fragen von Forschung undn Bediensteten auszuschließen.

Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erklärt Wissenschaft, Forschung und Lehre für frei. Damit ist nach Wortlaut und Sinngehalt eine objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm aufgestellt, die neben die in derselben Norm enthaltene Freiheitsverbürgung für den Bereich der Kunst tritt. Zugleich gewährt die Verfassungsbestimmung für jeden, der in diesen Bereichen tätig ist, ein individuelles Freiheitsrecht (vgl. BVerfGE 30, 173 [188] – Mephisto – für den Künstler).

Das in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene Freiheitsrecht schützt als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe und steht jedem zu, der wissenschaftlich tätig ist oder tätig werden will (vgl. BVerfGE 15, 256 [263]). Dieser Freiraum des Wissenschaftlers ist grundsätzlich ebenso vorbehaltlos geschützt, wie die Freiheit künstlerischer Betätigung gewährleistet ist. In ihm herrscht absolute Freiheit von jeder Ingerenz öffentlicher Gewalt.

In den Grundrechtsvorschriften der Verfassung verkörpert sich eine objektive Wertordnung, „in der eine prinzipielle Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck kommt“ und die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt (BVerfGE 7, 198 [205] – Lüth – und ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE 6, 55 [72]; 6, 386 [388] – Zusammenveranlagung der Ehegatten; 10, 59 [81] – Stichentscheid; 12, 205 [259] – Fernsehen; 20, 162 [175] – Spiegel; 21, 362 [371 f.]; 24, 367 [389] – Hamburger Deich; 25, 256 [263] – Blinkfüer; BVerfGE 30, 173 [188 ff.] – Mephisto; 33 303 [330 f.] – numerus clausus). Auch dort, wo der Gesetzgeber – wie im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit – größere Gestaltungsfreiheit besitzt, schränken die besonderen Wertentscheidungen des Grundgesetzes diese Freiheit ein, indem sie z.B. „Unterscheidungen verbieten, die dem in der Wertentscheidung ausgedrückten Willen des Verfassungsgebers zuwiderlaufen würden, einem bestimmten Lebensbereich oder Lebensverhältnis seinen besonderen Schutz angedeihen zu lassen“ (BVerfGE 17, 210 [217] – Wohnungsbauprämien). Eine solche Wertentscheidung enthält auch Art. 5 Abs. 3 GG. Sie beruht auf der Schlüsselfunktion, die einer freien Wissenschaft sowohl für die Selbstverwirklichung des Einzelnen als auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zukommt. Diese Wertentscheidung bedeutet nicht nur die Absage an staatliche Eingriffe in den zuvor gekennzeichneten Eigenbereich der Wissenschaft; sie schließt vielmehr das Einstehen des Staates, der sich als Kulturstaat versteht, für die Idee einer freien Wissenschaft und seine Mitwirkung an ihrer Verwirklichung ein und verpflichtet ihn, sein Handeln positiv danach einzurichten, d. h. schützend und fördernd einer Aushöhlung dieser Freiheitsgarantie vorzubeugen. Hieraus ergeben sich Postulate in zweifacher Richtung:

Der Staat hat die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an die nachfolgende Generation durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern. Das bedeutet, dass er funktionsfähige Institutionen für einen freien Wissenschaftsbetrieb zur Verfügung zu stellen hat. Diesem Gebot kommt deswegen besonders Bedeutung zu, weil ohne eine geeignete Organisation und ohne entsprechende finanzielle Mittel, über die im wesentlichen nur noch der Staat verfügt, heute in weiten Bereichen der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften, keine unabhängige Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrieben werden kann. Der Staat besitzt hinsichtlich dieses Wissenschaftsbetriebs heute weithin ein faktisches Monopol; eine Ausübung der Grundfreiheiten aus Art. 5 Abs. 3 GG ist hier notwendig mit einer Teilhabe an staatlichen Leistungen verbunden.

Im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschafts-betriebs, d. h. in einem Bereich der Leistungsverwaltung, hat der Staat durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissen-schaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist. Daraus ergibt sich einmal, dass auch im Bereich der Teilhabe am öffentlichen Wissenschaftsbetrieb jedenfalls der oben umschriebene Kernbereich wissenschaftlicher Betätigung grundsätzlich der Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers vorbehalten bleiben muss (vgl. auch BVerfGE 3, 58 [151]). Insoweit wird das Individualrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG durch den Eintritt in die Korporation der Hochschule nicht verändert. Darüber hinaus verstärkt die Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG die Geltungskraft des Freiheitsrechts in Richtung auf Teilhabeberechtigungen. Das rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass einerseits die Beteiligung am öffentlichen Leistungsangebot zunehmend zur notwendigen Voraussetzung für die Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit wird und dass andererseits nach der Konzeption des Grundgesetzes auch dem Interesse des Gemeinwesens an einem funktionierenden Wissenschaftsbetrieb am ehesten gedient wird, wenn sich die wissenschaftlich tätige Einzelpersönlichkeit schöpferisch entfalten kann.

Dem einzelnen Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 GG erwächst aus der Wertentscheidung ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerlässlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen. Wäre dies nicht der Fall, so würde die wertentscheidende Grundsatznorm ihrer Schutzwirkung weitgehend beraubt. Diese Befugnis des einzelnen Grundrechtsträgers, gegenüber der öffentlichen Gewalt die Beachtung der wertentscheidenden Grundsatznorm durchsetzen zu können, gehört zum Inhalt des Individualgrundrechts, dessen Wirkungskraft dadurch verstärkt wird.

In diesem Spannungsfeld konkurrierender Rechte und Interessen kann sich naturgemäß die Wissenschaftsfreiheit des Einzelnen nicht schlechthin und schrankenlos durchsetzen. Zwar bleibt ihr oben bezeichneter Kernbereich stets unantastbar.

Der Gesetzgeber unterliegt daher im Blick auf die wertentscheidende Grundsatznorm des Art. 5 Abs. 3 GG keinen Beschränkungen, wenn er eine organisatorische Regelung zu treffen hat, die auf die freie wissenschaftliche Betätigung der Hochschulangehörigen nicht einwirkt, vielmehr nur bestimmt, von wem und in welcher Art und Weise allgemeine Verwaltungsangelegenheiten der Universität erledigt werden sollen.

Die wertentscheidende Grundsatznorm des Art. 5 Abs. 3 GG setzt der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in diesem wissenschaftlich relevanten Organisationsbereich Grenzen unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten:

In positiver Hinsicht ist den Trägern des Individualrechts Aus Art. 5 Abs. 3 GG durch geeignete freiheitliche Strukturen der Universität soviel Freiheit in ihrer wissenschaftlichen Betätigung zu gewähren, wie dies unter Berücksichtigung der Aufgaben der Universität und der Belange der verschiedenen in der Universität tätigen Grundrechtsträger möglich ist.

Negativ gesehen verbietet Art. 5 Abs. 3 GG dem Gesetzgeber einen Wissenschaftsbetrieb organisatorisch so zu gestalten, dass die Gefahr der Funktionsunfähigkeit oder der Beeinträchtigung des für die wissenschaftliche Betätigung der Mitglieder erforderlichen Freiheitsraumes herbeigeführt wird.

Der Gesetzgeber muss jedoch alle erforderlichen und geeigneten organisatorischen Vorkehrungen treffen, um die Gefahr solcher fehlsamen Entscheidungen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auszuschließen.“

aus der Entscheidung „Anachronistischer Zug“, Az.: 1 BvR 816/82 vom 17.07.1984

„Diese Freiheitsverbürgung enthält nach Wortlaut und Sinn zunächst eine objektive, das Verhältnis des Lebensbereichs „Kunst“ zum Staat regelnde Grundsatznorm. Zugleich gewährleistet die Bestimmung jedermann, der in diesem Bereich tätig ist, ein individuelles Freiheitsrecht. Sie betrifft in gleicher Weise den „Werkbereich“ des künstlerischen Schaffens als auch den „Wirkbereich“ der Darbietung und Verbreitung eines Kunstwerks, in dem der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschafft wird (BVerfGE 30, 173 [188 f.]). In das Grundgesetz ist die Gewährleistung unter dem Eindruck der leidvollen Erfahrungen aufgenommen worden, die Künstler während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft haben hinnehmen müssen. Dies ist auch für die Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG von Bedeutung: Weder darf die Kunstfreiheitsgarantie durch wertende Einengung des Kunstbegriffs noch durch erweiternde Auslegung oder Analogie aufgrund der Schrankenregelung anderer Verfassungsbestimmungen eingeschränkt werden (BVerfGE a.a.O. [191]).

Die Kunst in ihrer Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit ist durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorbehaltlos gewährleistet; weder die „Schrankentrias“ des Art. 2 Abs. 1 Halbsatz 2 GG noch die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG gelten unmittelbar oder analog (BVerfGE 30, 173 [191 f.]). Hingegen kann auch die Kunstfreiheit Grenzen unmittelbar in anderen Bestimmungen der Verfassung finden, die ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ebenfalls wesentliches Rechtsgut schützen. Dies gilt namentlich für das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht.“

aus der Entscheidung „Herrnburger Bericht“, Az.: 1 BvR 1257/84 vom 03.11.1987

„Eine Einschränkung der vorbehaltlos gewährleisteten Kunstfreiheit lässt sich nicht formelhaft mit dem „Schutz der Verfassung“ oder mit der Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege rechtfertigen.“

aus der Entscheidung „Mutzenbacher“, Az.: 1 BvR 402/87 vom 27.11.1990

„Die vorbehaltlose Gewährleistung der Kunstfreiheit schließt eine Indizierung aus Gründen des Jugendschutzes nicht grundsätzlich aus. Der Kunstfreiheit werden zwar weder durch die Trias des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG noch durch die in Art. 5 Abs. 2 GG aufgeführten Schranken Grenzen gezogen. Diese finden sich jedoch in den Grundrechten anderer Rechtsträger, aber auch in sonstigen Rechtsgütern, sofern diese gleichfalls mit Verfassungsrang ausgestattet sind (BVerfGE 30, 173 [193]; st. Rspr.).

Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen (vgl. BVerfGE 33, 125 [158]; 34, 52 [60]; 34, 165 [192 f.]; 45, 400 [417]; 47, 46 [78 f.]; 49, 89 [127]). Wie weit der Gesetzgeber die für den fraglichen Lebensbereich erforderlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, richtet sich maßgeblich nach dessen Grundrechtsbezug. Eine Pflicht dazu besteht, wenn miteinander konkurrierende grundrechtliche Freiheitsrechte aufeinandertreffen und deren jeweilige Grenzen fließend und nur schwer auszumachen sind. Dies gilt vor allem dann, wenn die betroffenen Grundrechte nach dem Wortlaut der Verfassung vorbehaltlos gewährleistet sind und eine Regelung, welche diesen Lebensbereich ordnen will, damit notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken bestimmen und konkretisieren muss. Hier ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie sie für die Ausübung dieser Freiheitsrechte wesentlich sind (vgl. auch BVerfGE 6, 32 [42]; 20, 150 [157 f.]; 80, 137 [161]).

Die angegriffenen Entscheidungen sind nicht allein daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite der Kunstfreiheit beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]). Der verfassungsrechtliche Prüfungsauftrag erstreckt sich hier vielmehr bis in die Einzelheiten der behördlichen und fachgerichtlichen Rechtsanwendung. Denn sein Umfang bestimmt sich insbesondere nach der Intensität, mit der die angegriffenen Entscheidungen das betroffene Grundrecht beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 42, 143 [147 ff.]; 66, 116 [131]). Ein nachhaltiger Eingriff, der zu einer intensiveren verfassungsrechtlichen Prüfung führt, liegt nicht allein bei einer strafgerichtlichen Ahndung von Verhalten vor, dass unter dem Schutze des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG steht. Ein solcher Eingriff ist vielmehr auch bei anderen Entscheidungen von Staatsorganen anzunehmen, wenn diese geeignet sind, über den konkreten Fall hinaus präventive Wirkungen zu entfalten, das heißt in künftigen Fällen die Bereitschaft mindern können, von dem betroffenen Grundrecht Gebrauch zu machen (vgl. u.a. BVerfGE 43, 130 [135 f.]; 67, 213 [222 f.]; 75, 369 [376]; 77, 240 [250 f.]).“

aus der Entscheidung „Kopftuch“, Az.: 2 BvR 1436/02 vom 03.06.2003

„Die verfassungsgerichtliche Kontrolle im Rahmen einer Urteilsverfassungsbeschwerde beschränkt sich in der Regel auf die Prüfung, ob die angegriffenen Entscheidungen bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Tragweite des in Anspruch genommenen Grundrechts beruhen oder willkürlich sind (vgl. hierzu BVerfGE 18, 85 [93]; st.Rspr.). Soweit allerdings das Gericht, dessen Entscheidung mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen wird, Grundrechtsbestimmungen unmittelbar selbst ausgelegt und angewandt hat, obliegt es dem Bundesverfassungsgericht, Reichweite und Grenzen der Grundrechte zu bestimmen und festzustellen, ob Grundrechte nach ihrem Umfang und Gewicht in verfassungsrechtlich zutreffender Weise berücksichtigt worden sind.

Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht (vgl. BVerfGE 24, 236 [245 f.]; 32, 98 [106]; 44, 37 [49]; 83, 341 [354]). Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten (vgl. BVerfGE 24, 236 [245]). Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln. Dies betrifft nicht nur imperative Glaubenssätze, sondern auch solche religiösen Überzeugungen, die ein Verhalten als das zur Bewältigung einer Lebenslage richtige bestimmen (vgl. BVerfGE 32, 98 [106 f.]; 33, 23 [28]; 41, 29 [49]).

Die in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte Glaubensfreiheit ist vorbehaltlos gewährleistet. Einschränkungen müssen sich daher aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 28, 243 [260 f.]; 41, 29 [50 f.]; 41, 88 [107]; 44, 37 [49 f., 53]; 52, 223 [247]; 93, 1 [21]). Die Einschränkung der vorbehaltlos gewährleisteten Glaubensfreiheit bedarf überdies einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 83, 130 [142]).

Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung folgt aus dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen (vgl. BVerfGE 49, 89 [126]; 61, 260 [275]; 83, 130 [142]). Wie weit der Gesetzgeber die für den fraglichen Lebensbereich erforderlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, richtet sich nach dessen Grundrechtsbezug. Eine Pflicht dazu besteht, wenn miteinander konkurrierende grundrechtliche Freiheitsrechte aufeinander treffen und deren jeweilige Grenzen fließend und nur schwer auszumachen sind. Dies gilt vor allem dann, wenn die betroffenen Grundrechte (…) nach dem Wortlaut der Verfassung ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet sind und eine Regelung, welche diesen Lebensbereich ordnen will, damit notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken bestimmen und konkretisieren muss. Hier ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie eine solche Festlegung für die Ausübung dieser Freiheitsrechte wesentlich ist (vgl. BVerfGE 83, 130 [142]).

Wann es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den dort verbürgten Grundrechten zu entnehmen (vgl. BVerfGE 98, 218 [251]). Zwar führt allein der Umstand, dass eine Regelung politisch umstritten ist, nicht dazu, dass diese als wesentlich verstanden werden müsste (vgl. BVerfGE 98, 218 [251]). Nach der Verfassung sind die Einschränkung von grundrechtlichen Freiheiten und der Ausgleich zwischen kollidierenden Grundrechten aber dem Parlament vorbehalten, um sicherzustellen, dass Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären (vgl. BVerfGE 85, 386 [403 f.]).

aus der Entscheidung „Esra“, Az.: 1 BvR 1783/05 vom 13.06.2007

„Wie alle Freiheitsrechte richtet sich die Kunstfreiheit in erster Linie gegen den Staat.“

Schon die ausdrückliche Aufnahme der Freiheit der Kunst in die Weimarer Verfassung (Art. 142 Satz 1: „Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei.“) war eine Reaktion auf obrigkeitsstaatliche Bekämpfung neuer künstlerischer Entwicklungen (vgl. Kitzinger, in: Nipperdey, Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, 1929, Art. 142 Satz 1 WRV, S. 455 ff.).

Nach der massiven Verfolgung von Künstlern im Nationalsozialismus war die Übernahme der Kunstfreiheit als selbständiges Grundrecht in das Grundgesetz völlig unstreitig (vgl. Matz, in: Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, JöR n.F., Band 1 <1951>, S. 89 ff.).

Das Grundrecht ist aber zugleich eine objektive Entscheidung für die Freiheit der Kunst, die auch im Verhältnis von Privaten zueinander zu berücksichtigen ist, insbesondere wenn unter Berufung auf private Rechte künstlerische Werke durch staatliche Gerichte verboten werden sollen (vgl. BVerfGE 30, 173 <187 ff.>; 36, 321 <331>).

Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft in gleicher Weise den „Werkbereich“ und den „Wirkbereich“ künstlerischen Schaffens. Nicht nur die künstlerische Betätigung (Werkbereich), sondern darüber hinaus auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks sind sachnotwendig für die Begegnung mit dem Werk als eines ebenfalls kunstspezifischen Vorgangs. Dieser „Wirkbereich“ ist der Boden, auf dem die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bisher vor allem Wirkung entfaltet hat (vgl. BVerfGE 30, 173 <189>; 36, 321 <331>; 67, 213 <224>; 81, 278 <292>).

Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantiert die Freiheit der Betätigung im Kunstbereich umfassend.

Soweit es zur Herstellung der Beziehungen zwischen Künstler und Publikum der publizistischen Medien bedarf, sind auch die Personen durch die Kunstfreiheitsgarantie geschützt, die eine solche vermittelnde Tätigkeit ausüben (vgl. BVerfGE 30, 173 <191>; 36, 321 <331>; 77, 240 <251, 254>; 81, 278 <292>; 82, 1 <6>).

Die Kunstfreiheit ist nicht mit einem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt versehen. Sie ist aber nicht schrankenlos gewährleistet, sondern findet ihre Grenzen unmittelbar in anderen Bestimmungen der Verfassung, die ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ebenfalls wesentliches Rechtsgut schützen (vgl. BVerfGE 30, 173 <193>; 67, 213 <228>).

Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass wegen der besonderen Nähe zur Menschenwürde ein Kernbereich privater Lebensgestaltung als absolut unantastbar geschützt ist (vgl. BVerfGE 6, 32 <41>; 6, 389 <433>; 27, 344 <350 f.>; 32, 373 <378 f.>; 34, 238 <245>; 35, 35 <39>; 38, 312 <320>; 54, 143 <146>; 65, 1 <46>; 80, 367 <373 f.>; 89, 69 <82 f.>; 109, 279 <313>).“

Für eine Betrachtung der untersuchten Fragestellung unter dem Aspekt des Grundrechtes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ( allgemeiner Gleichheitssatz ) bleibt kein Raum. Im Wesentlichen ist festzuhalten, dass die verbreitete Annahme der Finanzverwaltung, dass die Staatszielbestimmung, ein freiheitliches Kunst- und Wissenschaftsleben zu erhalten und zu fördern, dem Gesetzgeber ein breiter Gestaltungsspielraum mit der Folge belassen ist, dass der einzelne Künstler aus dem Grundrecht der Kunstfreiheit gemäß Art. 5.3.1 GG kein Vorrecht auf Steuerfreiheit oder Steuerbegünstigung jedweder künstlerischen oder wissenschaftlichen Betätigung herleiten kann, falsch ist.

Falsch ist ebenso die Annahme der Finanzverwaltung, dass das Grundrecht aus Art. 5.3.1 GG auch ohne den einfachen Gesetzesvorbehalt mit Hilfe der sog. verfassungsimmanenten Schranken dem Einkommens- und Umsatzsteuerrecht und somit die Einkünfte des freischaffenden anerkannten Künstlers aus dessen freischaffender künstlerischer Tätigkeit der individuellen Besteuerung unterliegen.

Mit dem Begriff „verfassungsimmanente Schranken“ leitet die Finanzverwaltung inhaltlich aus der Entscheidung des BverfG vom 17.07.1984, Az.: 1 BvR 816/82 mit der Bezeichnung „anachronistischer Zug“ her, dass die Sicherung und Erzielung von Staatseinnahmen durch Erhebung von Steuern einen anderen verfassungsrechtlich geschützten Wert darstellt, der das Grundrecht aus Art. 5.3.1 GG beschränken kann.

Um erkennbar zu machen, dass die Auffassung der Finanzverwaltung hier völlig abwegig ist, wird der Kernsatz aus der BverfG-Entscheidung „anachronistischer Zug“ zitiert:

„Hingegen kann auch die Kunstfreiheit Grenzen unmittelbar in anderen Bestimmungen der Verfassung finden, die ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ebenfalls wesentliches Rechtsgut schützen. Dies gilt namentlich für das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht. Allerdings zieht die Kunstfreiheit ihrerseits dem Persönlichkeitsrecht Grenzen. Um diese im konkreten Fall zu bestimmen, genügt es mithin im gerichtlichen Verfahren nicht, ohne Berücksichtigung der Kunstfreiheit eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts — hier in der Form einer Beleidigung — festzustellen: Es bedarf der Klärung, ob diese Beeinträchtigung derart schwerwiegend ist, dass die Freiheit der Kunst zurückzutreten hat; eine geringfügige Beeinträchtigung oder die bloße Möglichkeit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung reichen hierzu angesichts der hohen Bedeutung der Kunstfreiheit nicht aus. Lässt sich freilich eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts zweifelsfrei feststellen, so kann sie auch nicht durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt werden.“

Da das Erheben von Steuern keinen Verfassungsrang mehr hat, kann es nicht mit dem Grundrecht aus Artikel 5.3.1 GG konkurrieren. Das war bis zum 08.05.1945 anders, da in der Weimarer Reichsverfassung ebenso wie in der Reichsverfassung von 1933 das Erheben von Steuern jeweils gemäß Art. 134 Staatszielbestimmung war.

Völlig unverständlich ist dann das Argument der Finanzverwaltung:

„Zu diesen Werten zählen z.B. die Sicherung und Erzielung von Staatseinnahmen durch Erhebung von Steuern sowie der Gleichheitsgrundsatz aller Steuerbürger in seiner Ausprägung an einer gleichmäßigen Besteuerung nach dem Leistungsprinzip aus Art. 3. I GG. Der Staat in Gestalt der Finanzverwaltung tritt durch die Besteuerung des anerkannten freischaffenden Künstlers daher nicht als Grundrechtsträger, sondern vielmehr als Hüter der Grundrechte anderer Grundrechtsträger auf..“

Diese Argumentation stammt eindeutig aus der Zeit des Nationalsozialismus und möglicherweise aus der Zeit der Weimarer Republik, als das Beitreiben von Steuern bei jedem Deutschen auf der Basis von Artikel 134 der beiden Reichsverfassungen Staatszielbestimmung war. Da diese Staatszielbestimmung mit der Kapitulation am 08.05.1945 untergegangen und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht wieder aufgenommen worden ist, entbehrt diese Argumentation jeder verfassungsrechtlichen sowie grundgesetzlichen Grundlage.

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist im Gegensatz zu den Bestimmungen des Art. 134 der Reichsverfassungen bezogen auf u. a. die Kunst ausdrücklich das Gegenteil zur Gleichbesteuerung aller Deutschen geregelt, nämlich die absolute Freiheit des freischaffenden Künstlers von Einschränkungen in einfachen Gesetzen, wozu die Steuergesetze zählen. Die Argumentation, wonach „ Der Staat in Gestalt der Finanzverwaltung durch die Besteuerung des anerkannten freischaffenden Künstlers nicht als Grundrechtsträger auftritt, sondern vielmehr als Hüter der Grundrechte anderer Grundrechtsträger“, pervertiert das absolute individuelle (Freiheitsrecht gemäß Art. 5.3.1 GG) gegen den Staat und seine Institutionen gerichtete Abwehrrecht des freischaffenden Künstlers als Grundrecht ins Gegenteil, nämlich als Grundrecht aller gegen ihn.

Art. 5.3.1 GG ist absolut frei was den Werk- und Wirkbereich anbelangt, denn das Freiheitsrecht gebietet aus sich heraus den Freiheitsgebrauch und ist daher nicht unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes gleichheitsrechtlich einzuschränken.

Freiheitsrechte entlasten den Gleichheitssatz, soweit sie den Gesetzgeber zur Vornahme bestimmter Differenzierung ermächtigen, die dann gleichheitsrechtlich weder geboten noch verboten sein können. Sie beinhalten weiters Differenzierungsverbote und -gebote, die durch den allgemeinen Gleichheitssatz nicht aufgehoben werden können, sondern diesem vorgehen. Schließlich determinieren ( begrenzen ) die Freiheitsrechte den allgemeinen Gleichheitssatz auch insofern, als sie festlegen, dass zwischen bestimmten Sachverhalten und Personen schon von Verfassung wegen wesentliche Gemeinsamkeiten und zwischen anderen wesentliche Unterschiede bestehen.

Soweit sich die Zulässigkeit einer Gleich- oder Ungleichbehandlung bereits aus einer der freiheitsrechtlichen Differenzierungsregeln ergibt, gehen sie dem allgemeinen Gleichheitssatz grundsätzlich vor.

Das gilt zunächst für die aus einer Schutzpflicht resultierenden absoluten Differenzierungsgebote: Gebietet ein Freiheitsrecht die Privilegierung eines bestimmten Freiheitsgebrauches, so kann diese Differenzierung gleichheitsrechtlich nicht verboten sein.

Ist eine solche Privilegierung hingegen durch das Freiheitsrecht in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt, so kann sie auch durch den Gleichheitssatz nicht geboten sein. Erst wenn der Gesetzgeber eine derartige Privilegierung aus eigenen Stücken vornimmt, also ohne verfassungsrechtlich dazu verpflichtet zu sein, entfaltet der allgemeine Gleichheitssatz eigenständige Bedeutung.

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Die Zuständigkeit für die Geltendmachung des Justizgewährleistungsanspruchs zwecks Durch-setzung des individuellen Grundrechtsanspruches liegt gemäß Art. 19.4.2 GG bei den ordentlichen Gerichten, nicht bei den Fachgerichten. Im Art. 19.4.2 GG heißt es:

Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.“

Eine Zuständigkeit bei den Finanzgerichten ist nicht gegeben. Deren Zuständigkeit ist in den §§ 1 und 2 AO i.V.m. der UN-Resolution 217 A (III) und dem intern. Pakt der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sowie dem § 33 FGO abschließend geregelt. Diese Vorschriften lauten:

  • 1 AO Anwendungsbereich

1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. 2Es ist nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Gemeinschaften anwendbar.

3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Gemeinschaften sinngemäß anwendbar.

  • 2 AO Vorrang völkerrechtlicher Vereinbarungen

Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor.

Einschlägige Verträge sind die UN-Resolution 217 A vom 10.12.1948 mit deren Artikel 27 in Verbindung mit. Artikel 2 und 15 des Int. Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966,  (von der Bundesrepublik Deutschland am 09.10.1968 unterzeichnet, vgl. BGBl. 1973 II, Seite 1569 ff.  und am 17. Dezember 1973 vorbehaltlos ratifiziert (vgl. Bundesgesetzblatt 1973 II, Seite 1569). Der Pakt ist am 3. Januar 1976 (vgl. Bundesgesetzblatt 1976 II, Seite 428) in Kraft getreten. Das Zustimmungsgesetz (auch Vertragsgesetz genannt), auf dessen Grundlage die völkerrechtliche Ratifikation durch den Bundespräsidenten erfolgte, wurde am 23. November 1973 vom Deutschen Bundestag beschlossen (vgl. Bundesgesetzblatt 1973 II, Seite 1569). Auch alle Bundesländer haben dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Pakt zugestimmt (vgl. Bundestag-Drucksache 7/1093 vom 17. Oktober 1973, Seite 4). In der Bundesrepublik Deutschland ist der Vertrag somit durch das Vertragsgesetz vom 23. November 1973 in den Rang eines formellen Bundesgesetzes erhoben worden.

  • 33 FGO sachliche Zuständigkeit der Finanzgerichte

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

  1. in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
  1. in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
  1. in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
  1. in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammen-hängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundes-finanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

Die o. a. völkerrechtlichen Vereinbarungen haben gemäß Art. 25 GG Vorrang vor den einfachen Gesetzen. Im Art. 25 GG heißt es:

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“

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Zusammenfassend ist festzustellen,

dass jedem anerkannten freischaffenden Künstler das absolute sowie individuelle Freiheitsrecht gemäß Art. 5.3.1 GG in seinem „Werk- und Wirkbereich“ ( in seinen grundrechtlich geschützten Funktionen, so der parlamentarische Rat 1948 zum Inhalt des zunächst titulierten Art. 10 des Grundgesetzentwurfes ) zusteht mit der Folge, dass die einfachen Gesetze, zu denen die Steuergesetze zählen, keine Anwendung finden dürfen, weil ansonsten der freischaffende Künstler in seinen Funktionen unzulässigerweise eingeschränkt würde. Werden sie angewendet, führt dieses zu einem völkerrechtlich sowie grundgesetzlich unzulässigen Eingriff, den der Künstler als Grundrechtsträger mit dem ausdrücklich verfassungsrechtlich geregelten Justizgewährleistungsanspruch gemäß Art. 19.4.2 GG durch Anrufung der ordentlichen Gerichte abwehren kann und darf, da die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerten Grundrechte in erster Linie Abwehrrechte des einzelnen Bürgers gegen den Staat und seine Institutionen darstellen. In der Lüth-Enscheidung hat das BverfG unter dem Az.: 1 BvR 400/51 v. 15. Januar 1958, dazu wie folgt entscheiden:

„Die Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat; in den Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes verkörpert sich aber auch eine objektive Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt.“

Die jahrzehntelange ( 60 Jahre ) fiskalische Auffassung, der freischaffende Künstler sei nicht grundgesetzlich / grundrechtlich privilegiert, sondern nur vor staatlichen Übergriffen geschützt und könne daher nicht durch ein „allgemeines Gesetz“ verletzt werden, also durch eine Norm, die schlechthin für jedermann in einer bestimmten Situation gilt, geht insofern fehl, denn die Steuergesetze ( AO, EStG und UStG ) greifen, obwohl sie jeweils ein „allgemeines Gesetz“ darstellen und schlechthin für jedermann in einer bestimmten Situation gelten, in den grundgesetzlich ausdrücklich vor jedweder Einmischung öffentlicher Gewalt geschützten funktionalen „Werk- und Wirkbereich“ des Künstlers ein. Der steuerliche Eingriff auf der Basis von AO, EStG und UStG schränkt nämlich sowohl den Künstler in persönlicher als auch dessen Kunst in sachlicher Hinsicht ein und ist damit grundgesetzlich  wie völkerrechtlich unzulässig.

Um den Justizgewährleistungsanspruch zugunsten des beschwerten Grundrechtsträgers rechtswirksam durchzusetzen, bedarf es einzig und allein des anordnenden Richterspruches der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der sich jedoch weder auf die ZPO, die FGO noch auf die VwGO zu stützen hat. Einzige Ermächtigungsgrundlage ist Art. 19 Abs. 4 Satz 2 GG. Anzuordnen ist, dass alle den „Werk- und Wirkbereich“ des freischaffenden anerkannten Künstlers belastende Verwaltungsakte des Grundrechtsverletzers in Gestalt der Finanzverwaltung, da nichtig, sofort und ersatzlos aufzuheben sind und der ursprüngliche Zustand durch den Grundrechtsverletzer vollwertig unter Kostenersatz wieder herzustellen ist.

Bezüglich der Kosten soll noch auf die Vorschriften des § 34 BverfGG i.V.m. § 21 GKG hingewiesen werden. Aus beiden ist zu entnehmen, dass Verfahren zur Durchsetzung von Grundrechten grundsätzlich kostenfrei zu gestalten sind.

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Aufgrund der heutigen Erkenntnisse, die in der Expertise zu der Frage

„Ist die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht für jedermann nach dem Bonner Grundgesetz vom 23.05.1949 überhaupt zulässig?“

dargestellt sind, sind die ergangenen Entscheidungen des BverfG seit dessen Einrichtung über Verfassungsbeschwerden des einzelnen Bürgers und Grundrechtsträgers unzulässig, gleichwohl im Ergebnis zutreffend und sollen deshalb Bestandteil dieser Expertise bleiben.

Die zutreffenden Entscheidungen sind nicht generell bindend geworden, weil sie bis auf diejenigen, die gemäß Art. 94 Abs. 2 Satz 1 GG Gesetzeskraft erlangt haben, Einzelfallentscheidungen waren und keine Bindewirkung trotz des anders lautenden § 31 Abs. 1 BverfGG erzeugen konnten.

Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes dennoch seit 69 Jahren – Fehlanzeige -.

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