Immer wieder hört und liest der unbedarfte Laie, dass jemand anderes in seinen Grundrechten oder Menschenrechten oder noch besser in seinen Bürgerrechten verletzt wäre. Fragt man nach, bleibt es bei diesen drei Begriffen, weil kaum jemand weiß, was Grund-, Menschen- oder Bürgerrechte im Einzelnen sind.

Seit fast 70 Jahren, nämlich seit dem 23.05.1949 garantiert der bundesdeutschen Bevölkerung das Bonner Grundgesetz als die ranghöchste Rechtsnorm der Bundesrepublik Deutschland unverletzliche, gegenüber der bundesdeutschen Gewalt unmittelbar geltendes Recht bildende Grundrechte, die alle samt und sonders einzeln im Bonner Grundgesetz schriftlich hinterlegt worden sind (siehe hier), damit sie dort jeder nachlesen kann und ggf. auf sie pochen darf, wenn der Gesetzgeber oder die vollziehende oder rechtsprechende Gewalt ihn oder sie, den oder die einzelne(n) Grundrechteträger(in) in seinen oder ihren Grundrechten verletzen sollte.

Fakt ist nach fast 70 Jahren jedoch, dass so gut wie niemand in der Lage ist, die im Bonner Grundgesetz abschließend verschriftlichten Grundrechte einzeln zu benennen, stattdessen bleibt es bei den drei mehr oder weniger häufig verwendeten Begriffen „Grundrechte“, „Menschenrechte“ und „Bürgerrechte“, die verletzt werden immer wieder von dem oder dem oder denen und, und, und…

Fakt ist, dass solange der einzelne Grundrechteträger nicht exakt im Bonner Grundgesetz Bescheid weiß, ihm die öffentliche Gewalt weiter auf der Nase herumtanzen wird, denn dort weiß man seit 70 Jahren genauestens Bescheid über die Wirkweise der im Bonner Grundgesetz als unmittelbar geltendes Recht verankerten unverletzlichen Grundrechte des einzelnen Grundrechteträgers. Und man weiß auch seitdem, dass man gegen die Grundrechte keine durchgreifenden Maßnahmen von Seiten der öffentlichen Gewalt treffen kann. Nur grundgesetzkonformes hoheitliches Handeln lässt Gesetze, Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen überhaupt erst in Rechtskraft erwachsen. Alles andere ist und bleibt nichtig, weil ansonsten Grundrechteverletzungen erfolgt sind, die aber grundgesetzwidrig sind und vor allen Dingen bleiben bis zu ihrer Rückabwicklung seitens der Amtsträger, die hier in einer ewigen Bringschuld gegenüber dem Bonner Grundgesetz sowie dem einzelnen Grundrechteträger stehen.

Entlarvendes Zitat:

»Es sei einmütig erklärt worden, daß bei unveränderter Aufrechterhaltung der im Grundgesetz verankerten Grundrechte durchgreifende Maßnahmen nicht getroffen werden können. Es müsse deshalb eine Änderung des Grundgesetzes in Erwägung gezogen werden.« Gustav Heinemann, 89. Kabinettssitzung am 11. August 1950

20 Jahre später aus demselben Munde, nur jetzt als Bundespräsident, Zitat:

»Die halb ernsthaft, halb scherzhaft gemeinte Aussage eines Politikers, er könne nicht immer mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen, ist ein geflügeltes Wort geworden. Leider steht diese Äußerung vor dem Hintergrund der bedauernswerten Tatsache, dass unser Grundgesetz von nur wenigen gelesen und nur von sogenannten Fachleuten gründlich studiert wird. Um hier einen Wandel zu schaffen, hat die Bundeszentrale für politische Bildung diese Textausgabe des Grundgesetzes herausgegeben. Sie geht davon aus, dass das wachsende politische Interesse, vor allem bei der Jugend, die Beschäftigung mit unserer Verfassung nahelegt. Ich begrüße diese Absicht, denn sie erscheint geeignet, das Vorurteil zu beseitigen, das Lesen von Rechtsbestimmungen sei eine langweilige und wenig hilfreiche Angelegenheit. Für den Bürger eines freiheitlichen Rechtsstaates gibt es im Grunde genommen keine wichtigere Informationsquelle als das Grundgesetz. Dort wird für das politische Handeln des einzelnen, der Parteien und der staatlichen Organe der gültige Rahmen gesetzt; dort wird mit den Grundrechten der freiheitliche Raum des Bürgers gesichert. Nur wer das Grundgesetz kennt, kann alle Chancen an freiheitlicher Mitbestimmung und politischer Mitwirkung nutzen, die unsere Verfassung uns allen anbietet.« Gustav Heinemann, Vorwort zum Grundgesetz, Bonn, den 25. November 1970

Wer jetzt nach fast 70 Jahren bundesdeutscher Rechtsstaat auf dem Boden es Bonner Grundgesetzes genau hinschaut, muss zu der folgenden Ansicht kommen, Zitat:

»Ein unrechtsstaatliches System würde sich dadurch ›auszeichnen‹, daß es die Geltung der Grundrechte außer Kraft setzt, vor allem die Rechtsbindung aller drei staatlichen Gewalten und ihrer Hoheitsakte oder den Gerichtsschutz abschafft.« Michael Nierhaus, in Grundgesetz: GG, Kommentar, Sachs, 1996, S. 793, zu Rnr. 16 zu Art. 28 GG

Fakt ist nämlich, Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes geht anders und zwar nur und ganz anders. Vieles wissenswerte steht in diesem Blog, man muss es aber lesen und verstehen und da scheitern bereits zu viele dran, denn das bundesdeutsche Bildungssystem macht den einzelnen Menschen nicht wirklich wissender oder schlauer oder klüger, sondern belässt ihn in seiner „granitenen Dummheit“, weil es den Tätern seit 70 Jahren immer noch nützt trotz anders lautender Bekundungen:

Grundrechtefibel für Kinder ab 8 Jahren “Voll in Ordnung – unsere Grundrechte”, wo es zutreffend im Vorwort der Länderinnen- und Kultusminister heißt:

“Das Grundgesetz ist das starke und sichere Fundament unserer Demokratie. Grundlage unserer Verfassung sind die unveräußerlichen Grund- und Menschenrechte.

Wir in Deutschland haben mit den “Grundrechten” tatsächlich einen Schatz, um den uns viele andere Länder der Erde beneiden. Sie geben uns den Rahmen für ein friedliches Zusammenleben. Sie funktionieren natürlich nur, wenn sich möglichst alle an die Rechte und Pflichten halten. Dazu muss man sie kennen und anerkennen.”

übrigens.

Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes bis heute  – Fehlanzeige -.

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