Am 6. Januar 1947 verkündete in Rastatt das Alliierte Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation seine Entscheidung in Sachen Mord zum Nachteil des vormaligen Finanzministers Erzberger begangen durch Heinrich Tillessen.
„Das Gerichtsverfahren gegen Heinrich Tillessen war eines der von Öffentlichkeit und juristischer Fachwelt am meisten und intensivsten beachteten Gerichtsverfahren im Nachkriegsdeutschland, in dem sich plakativ vielzählige Probleme der gerichtlichen Aufarbeitung von Verbrechen vor und während der NS-Zeit darstellten, insbesondere das Weiterwirken nationalsozialistischen Unrechts“, heißt es bei Wikipedia.
Der nds. Generalstaatsanwalt Fritz Bauer plädierte im Remer-Prozess im März 1952 vor dem Braunschweiger Landgericht u.a. wie folgt zur Frage der Legalität des Dritten Reiches oder besser NS-Terrorregiemes, Zitat:
„Der Hochverrat setzt weiter eine legale Verfassung voraus. Ich bestreite, dass die Herrschaft des Dritten Reiches, dass die Herrschaft des sog. Tausendjährigen Reiches gesetzlich war. Ich behaupte, dass das Dritte Reich seiner Form nach usurpierte nie legalisierte Macht war; dem Inhalt nach war es das Reich der Bestie, von dem unsere Sachverständigen gesprochen haben, ein Unrechtsstaat und deswegen sittenwidrig und nichtig.“ (hier das Vollzitat des Plädoyer als pdf-Datei)
Bauer hat es unterlassen, die für seine Behauptungen einschlägige Entscheidung des Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation vom 06.01.1947 zu zitieren. Übrigens ist der BGH in seiner Revisionsentscheidung zum ersten Remer-Urteil 1952 Bauers Argument gefolgt.
Nachfolgend die einschlägige Expertise zu der bis heute in der Bundesrepublik Deutschland regelrecht totgeschwiegenen Frage
Hat die Entscheidung des Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation in Rastatt vom 06.01.1947 bindend das gesamte nationalsozialistisch geprägte Recht aufgehoben?
Ausgangspunkt des gesamten nationalsozialistisch geprägten Rechts war erstens die verfassungswidrige Reichstagswahl vom 05. März 1933, zweitens die illegale Ernennung des Reichskanzlers Adolf Hitler [Details lesen sich dazu in der ebenfalls einschlägigen Expertise zu der Frage „Ist Adolf Hitler legal an die Macht gekommen oder war er ein Usurpator?] und drittens der verfassungswidrige Erlass des sog. Ermächtigungsgesetzes vom 24. März 1933. Damit steht bereits fest, dass das nationalsozialistisch geprägte Recht in der Zeit vom 05. März 1933 bis zum 08. Mai 1945
Unrecht war.
Diese Tatsache hat das Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation in seiner für allgemeingültig erklärten Entscheidung vom 06.01.1947 festgestellt und die rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungsgründe für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsinstanzen verbindlich gemacht.
Die Befugnis zur Einrichtung von Gerichten der Militärregierung beruht auf dem Gesetz Nr. 2 für Deutschland – Deutsche Gerichte – in dem Kontrollgebiet des Obersten Befehlshabers. In Artikel VII – Rechte der Militärregierung – ist unter Buchstabe d) die Übertragung von Sachen oder Gruppen von Sachen in die Zuständigkeit der Gerichte der Militärregierung geregelt. Aufgrund dieser Ermächtigung ist das Tribunal Général du Gouvernement Millitaire de la Zone Francaise d´Occupation am 02. März 1946 in Rastatt eingerichtet worden.
Dieses Gericht fungierte als erstinstanzliches Gericht, Berufungsgericht, Kassationshof und Internationaler Gerichtshof für den gesamten Bereich der französischen Besatzungszone.
In der Entscheidung des Tribunal Général vom 06.01.1947 (Tillessen / Erzberger – Entscheidung) sind die in der Einzelfallentscheidung formulierten rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungsgründe für allgemeingültig erklärt worden. Das bedeutete, dass die Entscheidung den Charakter einer Verordnung erhielt und zwar für das gesamte deutsche Besatzungsgebiet, das heißt, für alle damaligen vier Besatzungszonen.
Die Befugnis, eine Bindewirkung auch für die anderen drei Besatzungszonen herzustellen, ergibt sich aus dem Gesetz Nr. 4 der Militärregierung – Deutschland im Kontrollgebiet des
Obersten Befehlshabers mit der Bezeichnung – Amtsblatt der Militärregierung – Deutschland.
Zwar ist in Art. I Nr. 2 folgendes geregelt:
Verordnungen, Bekanntmachungen und andere Anordnungen, die von Hauptquartieren der Militärregierung in Ländern, Provinzen und anderen politischen Bezirken des besetzten Gebietes erlassen und nur innerhalb dieser Teilgebiete anwendbar sind, werden in Amtsblättern desselben Namens veröffentlicht. Das betreffende Amtsblatt wird jedoch einen Zusatztitel haben, welcher anzeigt, für welchen politischen Bezirk es gilt.
Die Befugnis, eine Bindewirkung auch für die anderen drei Besatzungszonen herzustellen, ergibt sich aus dem Gesetz Nr. 4 der Militärregierung – Deutschland im Kontrollgebiet des
Obersten Befehlshabers mit der Bezeichnung – Amtsblatt der Militärregierung – Deutschland.
Das Gesetz Nr. 4 schließt aber in Art. II Nr. 6 mit einer sog. Salvatorischen Klausel, die wie
folgt lautet:
„Die Rechtsgültigkeit und Wirksamkeit eines Befehles oder einer Bestimmung, die von der Militärregierung oder in deren Auftrage veröffentlicht oder angeschlagen wurden, bleibt unberührt, falls die Bekanntmachung nicht in der hier vorgeschriebenen Art erfolgte.“
Da die Entscheidung des Tribunal Général vom 06.01.1947 in der Allgemeingültigkeitserklärung ausspricht, dass die rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungsgründe für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsinstanzen verbindlich gemacht werden, wird klar, dass mit Hilfe der Salvatorischen Klausel im Gesetz Nr. 4 eine Bindewirkung für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsbehörden in allen vier Besatzungszonen hergestellt worden ist.
Aus all den in der Einzelfallentscheidung Tillessen / Erzberger aufgeführten Gründen hat das Tribunal Général als oberste Instanz das o. a. Urteil erlassen, in dem es u. a. heißt:
„Die Verordnung vom 21. März 1933 [red. Anm.: Amnestieverordnung] ist im Hinblick auf die Art. 46, 49 und 68 (in ihrem ursprünglichen Wortlaut) der Verfassung vom 11.04.1919 [red. Anm.: Weimarer Verfassung] verfassungswidrig.
Das erlassene Urteil [red. Anm.: das angefochtene Urteil des Landgerichts Offenburg in seiner Entscheidung 1 Js 980/46 v. 29.11.1946] steht, da es geeignet ist, den Hitlergeist lebendig zu erhalten, im Widerspruch mit der Internationalen Rechtsordnung der Vereinten Nationen, ebenso wie mit der Rechtsordnung Deutschlands selbst.
Das vorerwähnte Urteil wird infolgedessen aufgehoben unter besonderer Betonung, dass die vom Tribunal Général geltend gemachten rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungsgründe für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsinstanzen bindend sind.
Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung in der Hauptsache an das Landgericht Konstanz verwiesen.“
Die für verbindlich erklärten sachlichen und tatsächlichen Gründe lauten u. a. wie folgt:
“In weiterer Erwägung, dass das Gericht [red. Anm.: Landgericht Offenburg in seiner Entscheidung 1 Js 980/46 v. 29.11.1946] zu Unrecht behauptet hat, dass die Hitlerregierung bis zum 14.07.1933 verfassungsmäßig war, dass im Gegenteil feststeht, dass die Wahl zum Reichstag vom 05. März 1933 unter Umständen zustande gekommen ist, die eine offenkundige, von der Regierung begangene Gesetzeswidrigkeit und Gewaltanwendung darstellen, dass das sogenannte Ermächtigungsgesetz vom 23.03.1933 entgegen der Behauptung, dass es der Verfassung entspreche, in Wirklichkeit von einem Parlament erlassen worden ist, dass infolge Ausschlusses von 82 ordnungsgemäß gewählten Abgeordneten eine gesetzwidrige Zusammensetzung hatte und dass es durch die Vereinigung aller Vollmachten in der Hand von Hitler alle wesentlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen und normalen Rechtsgrundsätzen entsprechenden Regierung verletzt.
In Erwägung, dass die Regierung Hitlers weder vor noch nach dem 21.03.1933 sich auf ein Vertrauensvotum eines ordnungsgemäß zusammengesetzten Parlaments gestützt hat, ein Erfordernis, das von der damals geltenden Verfassung vom 11. August 1919 aufgestellt war.“
Daraus folgt im Ergebnis, dass alle Gesetze politischer Natur oder Ausnahmegesetze, auf welchen das Nazi-Regime beruhte, einschließlich aller zusätzlichen Gesetze, Durchführungs-bestimmungen, Verordnungen und Erlasse in gleicher Weise verfassungswidrig waren, wie die Amnestieverordnung vom 21. März 1933.
Die damalige Rechtslage hat sich bis heute nicht geändert. Entscheidend ist das „Zweite Gesetz über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 23.11.2007“. Dort sind in Art. 4 „Bereinigung des Besatzungsrechtes“ unter § 3 die Folgen der Aufhebung geregelt. Dort heißt es:
Rechte und Pflichten, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungs-maßnahmen der Besatzungsbehörden oder auf Grund solcher Maßnahmen begründet oder festgestellt worden sind, bleiben von der Aufhebung unberührt und bestehen nach Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 des Ersten Teils des Überleitungsvertrages [vom 26. Mai 1952] fort.
Dieser Gedanke ist bereits im Entwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz in der Drucksache 16/5051 vom 20.04.2007 klar zum Ausdruck gekommen. Dort heißt es zu § 3:
„Satz 1 verdeutlicht, dass die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland aus Artikel 2 Abs. 1 des Ersten Teils des Überleitungsvertrages von der Aufhebung nicht angetastet wird. Dieser Artikel 2 Abs. 1, der insoweit auch im Jahr 1990 unberührt geblieben ist, bestimmt nämlich, dass „alle Rechte und Verpflichtungen, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungsmaßnahmen der Besatzungsbehörden oder aufgrund solcher Maßnahmen begründet oder festgestellt worden sind,
… in jeder Hinsicht nach deutschem Recht in Kraft (sind und bleiben), ohne Rücksicht darauf, ob sie in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt worden sind.“
Gemäß Art. 139 GG sind der Bundesgesetzgeber, die Bundesbehörden und die Gerichte einschließlich des Bundesverfassungsgerichtes seit dem Inkrafttreten des Bonner Grund-gesetzes am 23.05.1949 gehindert, diese Rechtslage zu ändern oder aufzuheben.
Es bleibt abschließend festzustellen, dass der Ausspruch des Tribunal Général vom 06.01.1947, dass sowohl der Reichstag als auch die Reichsregierung seit dem 05.03.1933 nicht von der Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 legitimiert waren, mit bindender gesetzlicher Kraft vom damaligen Souverän im deutschen Rechtssystem verankert worden ist. Dieser Ausspruch hat bis heute und weiterhin gemäß Art. 139 GG Bindewirkung für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsinstanzen.
Das Tribunal Général hatte keine Veranlassung, neben den Gerichten und Verwaltungs-behörden auch den Gesetzgeber zu erwähnen, da er selbst gesetzgeberische Kraft hatte. Die Verpflichtung des Bundesgesetzgebers in die vom Tribunal Général unwiderruflich ausgesprochene Bindewirkung der Feststellung, dass sowohl der Reichstag als auch die Reichsregierung seit dem 05.03.1933 nicht von der Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 legitimiert waren, ist erst im Überleitungsvertrag vom 26.05.1952 ergänzt worden.
Zum Schluss ist festzustellen, dass die Entscheidung des Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation in Rastatt vom 06.01.1947 das gesamte in der Zeit vom 05.03.1933 bis 08.05.1945 nationalsozialistisch geprägte Recht in Deutschland bindend aufgehoben hat.
Zusatz zur o. a. Expertise „Hat die Entscheidung des Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation in Rastatt vom 06.01.1947 bindend das gesamte nationalsozialistisch geprägte Recht aufgehoben?“ vom 18.05.2012 aus Anlass der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ECHR 370 (2013) vom 17.12.2013 in der Sache Perinçek v. Switzerland (application no. 27510/08):
Ausgangspunkt der Entscheidung war das Leugnen des türkischen Genozids an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges in den Jahren 1915 und 1916 durch den türkischen Politiker Doğu Perinçek im Jahr 2005 in der Schweiz. Aufgrund dessen prüfte das Bezirksgericht Lausanne, ob Perinçek mit seinen Behauptungen zu den Ereignissen während des Ersten Weltkriegs gegen die schweizerische Antirassismus-Strafnorm verstoßen hat. Perinçek wurde in allen Instanzen schuldig gesprochen. Daraufhin hat er den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angerufen. Die Entscheidung erging am 17.12.2013. Der Gerichtshof hat sinngemäß für Recht erkannt:
Das Leugnen des Genozids an den Armeniern ist als freie Meinungsäußerung zu werten, da bisher kein internationales Gericht den Völkermord an den Armeniern verbindlich festgestellt hat.
Anders verhält es sich mit dem Holocaust des NS-Terrorregimes an den europäischen Juden zwischen dem 05.03.1933 und dem 08.05.1945. Da der Holocaust in den Nürnberger Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher als Völkermord von dem internationalen Militärgerichtshof festgestellt worden ist, unterliegt sein Leugnen nicht mehr der freien Meinungsäußerung, sondern der schweizerischen Antirassismus-Strafnorm.
Der Wortlaut der Entscheidung liegt in deutscher Übersetzung bisher nicht vor. Er lautet in den maßgeblichen Passagen in der englischen Fassung wie folgt:
-
The case concerned the criminal conviction of Mr Perinçek for publicly challenging the existence of the Armenian genocide. […]
-
The Court found that Mr Perinçek, who during various conferences in Switzerland, had described the Armenian genocide as an “international lie”, had not committed an abuse of his rights within the meaning of Article 17 of the Convention. […]
-
In this connection, the Court clearly distinguished the present case from those concerning the negation of the crimes of the Holocaust. In those cases, the applicants had denied the historical facts even though they were sometimes very concrete, such as the existence of the gas chambers. They had denied the crimes perpetrated by the Nazi regime for which there had been a clear legal basis. Lastly, the acts that they had called into question had been found by an international court to be clearly established. […]
Dem internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg entspricht das Tribunal Général de la Zone Francaise d´Occupation in Rastatt. Das Tribunal Général in Rastatt ist in gleicher Weise ein internationaler Gerichtshof wie der internationale Militärgerichtshof in Nürnberg. Beide beruhen auf dem Gesetz Nr. 2 für Deutschland – Deutsche Gerichte – in dem Kontrollgebiet des Obersten Befehlshabers.
Das Tribunal Général in Rastatt hat in der Einzelfallentscheidung Tillessen / Erzberger am 06.01.1947 folgendes ausgesprochen:
„Die Verordnung vom 21. März 1933 [red. Anm.: Amnestieverordnung] ist im Hinblick auf die Art. 46, 49 und 68 (in ihrem ursprünglichen Wortlaut) der Verfassung vom 11.04.1919 [red. Anm.: Weimarer Verfassung] verfassungswidrig.
Das erlassene Urteil [red. Anm.: das angefochtene Urteil des Landgerichts Offenburg in seiner Entscheidung 1 Js 980/46 v. 29.11.1946] steht, da es geeignet ist, den Hitlergeist lebendig zu erhalten, im Widerspruch mit der Internationalen Rechtsordnung der Vereinten Nationen, ebenso wie mit der Rechtsordnung Deutschlands selbst.
Das vorerwähnte Urteil wird infolgedessen aufgehoben unter besonderer Betonung, dass die vom Tribunal Général geltend gemachten rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungsgründe für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsinstanzen bindend sind.
Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung in der Hauptsache an das Landgericht Konstanz verwiesen.“
Das Tribunal Général hat diese in der Einzelfallentscheidung getroffenen Rechtssätze auf Antrag des Directeur Général de la Justice, die zu erlassende Entscheidung als verbindliche für alle deutschen Gerichte und Verwaltungsinstanzen zu erklären, entsprechend für allgemeinverbindlich erklärt.
Die für verbindlich erklärten sachlichen und tatsächlichen Gründe lauten u. a. wie folgt:
“In weiterer Erwägung, dass das Gericht [red. Anm.: Landgericht Offenburg in seiner Entscheidung 1 Js 980/46 v. 29.11.1946] zu Unrecht behauptet hat, dass die Hitlerregierung bis zum 14.07.1933 verfassungsmäßig war, dass im Gegenteil feststeht, dass die Wahl zum Reichstag vom 05. März 1933 unter Umständen zustande gekommen ist, die eine offenkundige, von der Regierung begangene Gesetzeswidrigkeit und Gewaltanwendung darstellen, dass das sogenannte Ermächtigungsgesetz vom 23.03.1933 entgegen der Behauptung, dass es der Verfassung entspreche, in Wirklichkeit von einem Parlament erlassen worden ist, dass infolge Ausschlusses von 82 ordnungsgemäß gewählten Abgeordneten eine gesetzwidrige Zusammensetzung hatte und dass es durch die Vereinigung aller Vollmachten in der Hand von Hitler alle wesentlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen und normalen Rechtsgrundsätzen entsprechenden Regierung verletzt.
In Erwägung, dass die Regierung Hitlers weder vor noch nach dem 21.03.1933 sich auf ein Vertrauensvotum eines ordnungsgemäß zusammengesetzten Parlaments gestützt hat, ein Erfordernis, das von der damals geltenden Verfassung vom 11. August 1919 aufgestellt war.“
Daraus folgt im Ergebnis, dass alle Gesetze politischer Natur oder Ausnahmegesetze, auf welchen das Nazi-Regime beruhte, einschließlich aller zusätzlichen Gesetze, Durchführungs-bestimmungen, Verordnungen und Erlasse in gleicher Weise verfassungswidrig waren, wie die Amnestieverordnung vom 21. März 1933.
Durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache Perinçek v. Switzerland (application no. 27510/08) vom 17.12.2013 wird klar, dass die durch das internationale Tribunal Général in Rastatt am 06.01.1947 mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung getroffenen Feststellungen, die vom Landgericht Offenburg in seiner Entscheidung 1 Js 980/46 v. 29.11.1946 aufgestellten Behauptungen,
-
die Hitlerregierung sei bis zum 14.07.1933 verfassungsmäßig gewesen,
-
die Reichstagswahl am 05.03.1933 sei rechtmäßig erfolgt,
-
das Ermächtigungsgesetz vom 23.03.1933 sei ordnungsgemäß von einem verfassungs-konformen Parlament erlassen worden,
-
das Parlament sei trotz des Ausschlusses von 82 ordnungsgemäß gewählten Abgeordneten gesetzmäßig zusammengesetzt gewesen,
-
die Regierung erfülle trotz aller Vollmachten in der Hand von Hitler alle wesentlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen und normalen Rechtsgrundsätzen entsprechenden Regierung,
-
die Regierung Hitler habe sowohl vor als auch nach dem 21.03.1933 sich auf ein Vertrauensvotum eines ordnungsgemäß zusammengesetzten Parlaments gestützt,
alle unzutreffend sind.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache Perinçek v. Switzerland (application no. 27510/08) vom 17.12.2013 stellt nun unmissverständlich klar, dass niemand mehr behaupten darf,
-
die Hitlerregierung sei bis zum 14.07.1933 verfassungsmäßig gewesen,
-
die Reichstagswahl am 05.03.1933 sei rechtmäßig erfolgt,
-
das Ermächtigungsgesetz vom 23.03.1933 sei ordnungsgemäß von einem verfassungs-konformen Parlament erlassen worden,
-
das Parlament sei trotz des Ausschlusses von 82 ordnungsgemäß gewählten Abgeordneten gesetzmäßig zusammengesetzt gewesen,
-
die Regierung erfülle trotz aller Vollmachten in der Hand von Hitler alle wesentlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen und normalen Rechtsgrundsätzen entsprechenden Regierung,
-
die Regierung Hitler habe sowohl vor als auch nach dem 21.03.1933 sich auf ein Vertrauensvotum eines ordnungsgemäß zusammengesetzten Parlaments gestützt.
Wer gegen dieses Verbot verstößt, macht sich der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 4 StGB strafbar. Die Vorschrift lautet:
„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.“
Falls ein bundesdeutscher Amtsträger dieses Verbot im Rahmen seiner hoheitlichen Tätigkeit in Gestalt von Wort und Schrift missachtet, begeht er gleichzeitig ein Dienstvergehen, das disziplinarrechtlich zu verfolgen ist.
Das die in der in Rastatt am 06.01.1947 getroffene Einzelfallentscheidung „Tillessen/Erzberger“ des Tribunal Général du Gouvernement Millitaire de la Zone Francaise d´Occupation formulierten rechtlichen und tatsächlichen Entscheidungsgründe von dem Tribunal Général für allgemeingültig erklärt wurden und noch heute ausnahmslos sowohl den
Gesetzgeber als auch die vollziehende Gewalt sowie die Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland binden, ist ohne jeden Zweifel in dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Französischen Republik geschlossenen Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen („Überleitungsvertrag“) in der gemäß Liste IV zu dem am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland geänderten Fassung, BGBl. 1955 II S. 405, verankert, wo es in Art. 7 Abs. 1 heißt:
„(1) Alle Urteile und Entscheidungen in Strafsachen, die von einem Gericht oder einer gerichtlichen Behörde der Drei Mächte oder einer derselben bisher in Deutschland gefällt worden sind oder später gefällt werden, bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht rechtskräftig und rechtswirksam und sind von den deutschen Gerichten und Behörden demgemäß zu behandeln.“
Auch 72 Jahre nach dieser sowohl inter omnes als auch inter partes ergangenen Entscheidung wird in der Bundesrepublik Deutschland entscheidungs- und grundgesetzwidrig immer noch die ersatzlos untergegangene NS-Rechtsordnung auf der Basis grundgesetzwidrig purifizierten nationalsozialistischen Rechts (C.Laage in »Die Auseinandersetzung um den Begriff des gesetzlichen Unrechts nach 1945« in »Kritische Justiz« Heft 4/1989, S. 409-432) gegen die Bevölkerung grundgesetzwidrig exekutiert.
Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes sodenn seit 69 Jahren – Fehlanzeige -.