SPIEGEL-Artikel in der Ausgabe 21/1949 unter dem Titel Dr. Siegfried K. Jacob ist bezüglich der Aussage „einen Tag nach Inkrafttreten des Grundgesetzes“ nachweislich damals schon unwahr gewesen

In der SPIEGEL – Ausgabe 21/1949 steht, so man ihm Glauben schenkt, nachzulesen:

„Dr. Siegfried K. Jacob, Berliner Rechtsanwalt und Verteidiger des 24jährigen Mörders Berthold Wehmeyer, versuchte einen Tag nach Inkrafttreten des Grundgesetzes seinem zum Tode verurteilten Klienten das Leben zu retten: unter Hinweis auf Artikel 102, der die Abschaffung der Todesstrafe verfügt. Sein Antrag wurde abgelehnt, die Beschwerde darüber zurückgewiesen, das Todesurteil vollzogen.“

obschon es im Artikel 102 GG kurz und bündig heißt:

„Die Todesstrafe ist abgeschafft.“

und gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die unverletzlichen Grundrechte gegenüber der bundesdeutschen öffentlichen Gewalt mit dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes am 23.05.1949 unverbrüchlich unmittelbares Recht bilden.

Am 24.04.1953 hieß es in BVerfGE 2, 237:

„Der Gesetzgeber der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes war in der Zeit zwischen Inkrafttreten des Grundgesetzes und Zusammentritt des Bundestags an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden.“

mit der grundgesetzkonformen Folge, dass auch die vollziehende und rechtsprechende Gewalt mit dem 23.05.1949 an die unmittelbar geltendes Recht gegen die öffentliche Gewalt bildenden unverletzlichen Grundrechte gebunden worden sind mit der weiteren Folge, dass die Todesstrafe mit dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes am 23.05.1949 nicht mehr hätte vollstreckt werden dürfen und zwar von Grundgesetzes wegen, denn dann wäre es blanker Mord gewesen, hätte man sich dem Wortlaut und Wortsinn des Bonner Grundgesetzes von Seiten der öffentlichen Gewalt jemals verpflichtet gesehen.

Eine jetzige Recherche dieser damaligen SPIEGEL-Nachricht vom 19.05.1949 übrigens, hat ergeben, dass aufgrund dessen, dass das Grundgesetz erst am 23.05.1949 in Kraft getreten ist, diejenige Exekution, von der der SPIEGEL in seiner Ausgabe 21/1949 berichtete, zu einer Zeit noch stattgefunden hat, als das Bonner Grundgesetz noch nicht in Kraft getreten gewesen ist.

Die damalige SPIEGEL-Nachricht „versuchte einen Tag nach Inkrafttreten des Grundgesetzes seinem zum Tode verurteilten Klienten das Leben zu retten“  ist de facto falsch und zwar damals wie auch heute. Die Exekution hat tatsächlich am 12.05.1949 stattgefunden. Bezüglich des Bonner Grundgesetzes war der 12.05.1949 der Tag, an dem die Westalliierten dem Parlamentarischen Rat ihr Genehmigungsschreiben übermittelt haben, also den Inhalt des Bonner Grundgesetzes gebilligt hatten, das der Parlamentarische Rat am 08. Mai 1949 beschlossen hatte und es der drei Westalliierten zur Genehmigung zugeleitet haben. 

Es ist kaum zu glauben, dass dem SPIEGEL damals nicht bewusst gewesen ist, dass das Bonner Grundgesetz weder mit dem Datum 08.05.1949 noch 12.05.1949 bereits in Kraft getreten gewesen ist mit der Folge, dass alles das, was bis zum tatsächlichen rechtsförmlichen Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes im rechtlichen Sinne keinen Grundgesetzverstoß darstellen konnte.

Dass der SPIEGEL damals wohl bestens informiert war über die Abläufe im parl. Rat bis hin zum Hinundher mit den Alliierten Westmächten macht der SPIEGEL-Artikel „Fünf Minuten nach zwölf“ in seiner Ausgabe 20/1949 vom 12.05.1949 deutlich, wo es im Text u.a. heißt:

„Die Erklärungen zur Abstimmung waren so zahlreich und so lang, daß Adenauer nur mit Mühe die Schlußabstimmung vor 24 Uhr hinbiegen konnte, damit das Grundgesetz das Datum des Kapitulations-Jahrestages 8. Mai trage.“

Resümierend bleibt festzuhalten, dass journalistische Objektivität und Wahrheitstreue zumindest hier hätte anders aussehen müssen von SPIEGEL wegen, denn die Fakten lagen am 19.05.1949 klar auf dem Tisch, das Bonner Grundgesetz war noch nicht in Kraft getreten, die besagte Exekution fand am 12.05.1949 statt und war von daher nicht im Lichte des Art. 102 GG „Die Todesstrafe ist abgeschafft“ grundgesetzwidrig vollstreckt. Und wie heißt es nicht erst seit heute sprichwörtlich: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht“.

Fakt ist sodann bis heute, dass bis über den heutigen Tag hinaus inzwischen 70 Jahre grundgesetzwidrig die spätestens aufgrund der am 06.01.1947 in Rastatt ergangenen „Tillessen-/Erzberger-Entscheidung“ des Alliierten franz. Tribunal Général ersatzlos untergegangene und grundgesetzwidrige NS-Rechtsordnung auf der Basis purifizierten grundgesetzwidrigen nationalsozialistischen Rechts (Quelle: u. a. Laage, C., Die Auseinandersetzung um den Begriff des gesetzlichen Unrechts nach 1945, in: Redaktion Kritische Justiz (Hg.), Die juristische Aufarbeitung des Unrechts-Staats, Baden-Baden 1998, S. 265-297.) gegen die bundesdeutsche Bevölkerung tagtäglich exekutiert wird, während das Bonner Grundgesetz als die ranghöchste Rechtsnorm der Bundesrepublik Deutschland bis heute noch immer vorsätzlich von der bundesdeutschen öffentlichen Gewalt ignoriert und diskreditiert seiner wahren Erfüllung harrt.

Rechtsstaat auf dem Boden des Bonner Grundgesetzes sodann im Jahr 70 von Bundesrepublik Deutschland und Bonner Grundgesetz  – Fehlanzeige -.

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